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Die Musik des „Schönhaus Express“ ist geprägt durch die Kompositionen des Bandleaders und Saxophonisten Sascha Schönhaus und bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Jazz, Klezmer-Musik und der Folklore des Balkan. Für das 21-jährige Bestehen der Band stellt Sascha Schönhaus eine neue Bandformation zusammen, die eine musikalische Brücke schlägt zwischen der Welt des Jazz und den archaischen Traditionen der osteuropäischen Volksmusik. Norbert Pfammatter (Drums) und Bänz Oester (Bass) sind beides lange Weggefährten von Schönhaus, Hans-Peter Pfammatter übernimmt das Piano, und mit der Baselbieter Sängerin Lisette Spinnler komplementiert eine prägnante Jazzstimme das Ensemble.
Für die musikalischen Zwiegespräche mit Lisette Spinnler komponierte Schönhaus neue Stücke, die der Besetzung auf den Leib geschrieben sind; eine einprägsame Musik mit emotionalen Zwischentönen und verführerischen Aufbruchsgesten.
Reife und Frische Tom Gsteiger
Die spirituelle und spielfreudige Musik des Schönhaus Express zeichnet sich nicht zuletzt durch die Gleichzeitigkeit von Reife und Frische aus. Wie ist das möglich?
Sascha Schönhaus ist seit über zwei Jahrzehnten mit dem Express unterwegs. Bänz Oester und Norbert Pfammatter sind von Anfang an dabei (die beiden bilden nicht nur in dieser Band ein sensibel-furioses Bass’n’Drums-Gespann, das jede Herausforderung mit Souplesse und Chuzpe meistert). Hans-Peter Pfammatter ist nach Hans Feigenwinter und Colin Vallon die dritte Pianoforte-Kraft beim Express. Und mit der Sängerin Lisette Spinnler hat die Band auf dieser Aufnahme wieder eine zweite Lead-Stimme, die kongenial mit Schönhaus harmoniert (in den Anfängen hatte der Express mit dem Saxofonisten Heiner Althaus einen zweiten Lokführer). Langjährige Stabilität und frische Impulse halten sich also bei dieser Formation die Waage. Kommt hinzu, dass das “cross-cultural” Express-Repertoire eine anti-ironische Spielhaltung erfordert, bei der Ernsthaftigkeit durch Risikofreude ergänzt wird: So kann die Musik ein gewisses melancholisches Pathos verströmen, ohne in Gefühlskitsch stecken zu bleiben. Auch in diesem Bereich ist also für Reife und Frische gesorgt.
Schönhaus ist kein «Konzeptjazz»-Typ, seine Funktion als Bandleader bringt er in einem Satz auf den Punkt: «Ich setze die Eckpunkte und dann wagen wir uns gemeinsam auf die Äste hinaus.» Das klingt simpel, ist es aber mitnichten. Ein solcher Ansatz erfordert Grosszügigkeit, Bescheidenheit, Toleranz sowie die Fähigkeit, die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt zusammenzubringen.
Für mein Empfinden gibt es besonders viele Parallelen zwischen dem Schönhaus Express und dem in den 1970er-Jahren aktiven American Quartet des Pianisten Keith Jarrett, zu dem der Saxofonist Dewey Redman, der Bassist Charlie Haden und der Schlagzeuger Paul Motian gehörten. Z.B. die Zusammenführung Coltranesker Ekstatik mit melodiösem Überschwang. Oder der unerschrockene Stil-Pluralismus. Oder die extremen emotionalen Wechselbäder. Oder der Flirt mit diversen Folklorismen. Oder das ausgeprägte spontane Interplay ...
Der «ohrenfälligste» Unterschied zwischen der vierten Express-Einspielung und den Vorgängeralben ist natürlich der Einbezug der menschlichen Stimme. Nun würde eine Schubidu-Jazzsängerin der Express-Musik sicherlich nicht gut tun. Lisette Spinnler ist zum Glück das pure Gegenteil einer Schubidu-Jazzsängerin. Sie ist eine Stimm-Schamanin, die für jedes Stück den richtigen Ausdruck findet - mal übermütig und draufgängerisch, mal nachdenklich und vorsichtig. Spinnler liefert nicht als Quotenfrau ein bisschen nette Garnitur, sondern ist voll und ganz ins Bandgefüge integriert und agiert als vollwertiges Bandmitglied.
Review im Jazz `n`more Juli/August Nr 4/2015 Georg Modestin
Der Basler Saxophonist und Klarinettist Sascha Schönhaus ist in zwei Welten zu Hause. Zum einen gehört er zu den Adepten John Coltranes, andererseits ist er ein erklärter Verehrer der Klezmer Legende Naftule Brandwein. Entsprechend oszilliert sein Spiel zwischen modern(er)em Jazz und Volksmusik, vorwiegend ostjüdischen Ursprungs.
Auf dem neuesten Album seines Schönhaus Express, das – der Titel ist explizit – während vier aufeinanderfolgender Tage im Bird`s Eye Jazz Club in Basel aufgenommen worden ist, sind beide Vorlieben des Leaders zu hören: Der Jazz gibt zwar den Grundton an, doch brechen immer wieder folkloristische Weisen durch.
Interpretiert wird diese packende, hörerfreundliche Musik von einer Gruppe, deren Gerüst seit Langem steht: Bänz Oester und Norbert Pfammatter sind Gründungsmitglieder; Hans-Peter Pfammatter ist etwas weniger lang dabei, wobei seine Verpflichtung den guten Geschmack von Schönhaus bei der Wahl seiner Pianisten bestätigt (Pfammatters Vorgänger waren Hans Feigenwinter und Colin Vallon). Eine veritable Entdeckung ist die Sängerin Lisette Spinnler, welche die Frontline ergänzt. Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme, die auch ohne Worte auskommt, bringt sie das Kunststück fertig, der eingespielten Gruppe ihren eigenen Stempel aufzudrücken.